Mixing-„Ethik“?

Durch eine Diskussion im Tanith-Forum angetreten, muss ich mal meine Meinung zu einem Aspekt von DJ-Mixes äußern. Dürfte auch für Menschen interessant sein, die kaum eine Ahnung haben, wie man als DJ so arbeitet.

Ausgangspunkt der Diskussion ist, dass Circuit Breaker (Berliner Breaks Producer + DJ) ziemlich empört davon berichtet, wie ein nichtgenannter DJ der mittleren Preisklasse (max. unterer vierstelliger Gagenbereich) bei ihm eine Mix-CD aufgenommen hat. Besagter DJ hat dann 12 von 14 Ãœbergängen mehrfach eingespielt und aufgenommen. CB sollte das dann für ihn am PC zusammenschneiden. Die so entstandene Mix-CD wird dann von besagtem DJ als ‚Live-Mix CD‘ verkauft. D.h. dass er mit etwas wirbt, das er live im Club niemals reproduzieren könnte. 😯

Interessant finde ich daran, wie solche Praktiken „der Großen“ ihren Status zementieren. Im Drum&Bass gibt´s ja ohnehin das Dubplate-Business, also nur eine handvoll DJs haben Tracks vor ihrer offiziellen Veröffentlichung und werden gebucht, weil sie immer frisches und exklusives Zeug in ihrer Plattentasche haben. Hier wird über die Selection (Plattenauswahl) eine Exklusivität produziert, die Nachfrage generiert und höhere Gagen rechtfertigt.

Oben genanntes Problem des Editierens am PC betrifft die technische Komponente des Mixings (quasi das Handwerk). Die big ones legen Qualitätsstandards fest (= Qualität des Outputs an Mix-CDs), mit denen sich jeder kleine DJ als Mitbewerber messen muss. Allerdings ist das Verhalten bzgl. Editing nicht wirklich transparent, sondern wird verschwiegen / kleingehalten. Auf keiner CD steht was davon.

Zum anderen herrscht an der DJ-Basis eine auch von oben gepuschte Norm, dass man seine Mixe an einem Stück aufzunehmen hat. Dadurch kommt es dann schon mal zu Unreinheiten, insb. wenn man gewisse Ambitionen hat, was man denn da abliefern will (schnelles Mixing, lange Übergänge, Double-Drops usw.) Der Otto-Normal-Hörer, der noch nie was vom Editieren gehört hat, vergleicht dann die Mixes von DJ Big mit DJ Nachwuchs und ist dann möglicherweise von der Überlegenheit des Big-Mixes überzeugt, da hier keinerlei Unreinheiten auftreten.

Meine eigene Praxis ist, dass ich für meine Promo-Mixes zuerst ein Programm zusammenstelle und das dann mal durchspiele. Raum für Improvisationen lass ich dabei schon mal (in Dubmarines sind z.B. 1-10 und 17-24 geplant, die Mitte entstand eher situativ). Dann wird das Ding in einem Rutsch aufgenommen. Wenn zuviel schiefgeht, muss man eben nochmal starten. Weil: dann hat man´s auch drauf und kann live Gutes abliefern (wobei natürlich immer noch Tagesform und technische Rahmenbedingungen immer ne Rolle spielen).

Massives Editing sollte m.E. kenntlich gemacht werden. Grundsätzlich habe ich gar nichts dagegen. Aber wenn das Editing nur unkenntlich machen soll, was man mit herkömmlichen Mitteln nicht erreicht, ist das mehr als unnötig. Die neuen technischen Möglichkeiten können ja durchaus zu interessantem Output führen, wie z.B. die Mixes von Soulwax / 2 Many DJs oder der hier angegebene von Kid Kameleon.

3 Kommentare
  1. teimur
    teimur sagte:

    hmm, sowas als eine live mix cd den leuten anzudrehen ist schon ’ne zumutung. aber man kann sich bei so sachen ziemlich gut durch durchschlingen – paul b z.bsp stellt soweit ich weiß seine ganze nuborn – reihe in wavelab her, allerdings werden die mixe auch nicht als live mixe betitelt, und da kaum jemand nachfragt, herrscht bei den meisten der eindruck, alles sei live eingespielt. ich persönlich bin der meinung, dass ein mix, egal für welche zwecke der auch verwendet wird, an einem stück aufgenommen werden muss. und diese handarbeit nimmt schon gewisse zeit in anspruch, wenn einem auch nur ein eiziger übergang nicht gefällt, kennst du ja bestimmt selbst 🙂

  2. Psy:Bot
    Psy:Bot sagte:

    Sers!
    Die Plattenindustrie schafft sich seine eigenen Dj-Idole, was die Gagen Jenseits von Gut und Böse treibt. Oft reicht es aus, wenn der/die betreffende DJ oder DJane einfach nur gut aussieht. Nach dem mixing fragen nur noch die wenigsten……
    Das Vorgehen von „DJ X“ ist nur die logische Konsequenz, aus dem Hype der oft um viele „Plattenaufleger“ gemacht wird.
    Dann wird halt mal geschummelt, und das kommt leider in allen „Preisklassen“ vor…..

    ….support your homebase, greets toby!

  3. trick
    trick sagte:

    thats bizness ,
    hab noch nie ein set editiert oder vorher zusammengestellt, bei mir passiert immer alles freestyle , egal ob im club oder im studio.
    sicher mach ich mir vorher mal kurz gedanken in welche Richtung die Reise geht aber sobalt die erste Platte gedropt ist verlaüft sowieso alles nach intuition.

    thats my style !

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