Wieder mal eine kleine Konzert-Rezension aus Luxembourg. Ein nicht zu unterschätzendes Plus Trier’s ist ja die Nähe zu Benelux & Frankreich. Da kann man so einige musikalische Schmankerl zu Gesicht bekommen, die in good old germoney nicht in ausreichendem Maße geschätzt werden. Hier würde man sich mit solchen Angeboten ruinieren, aber gar nicht so weit weg geht das. An einem stinknormalen Dienstag den 2. Oktober (den Tag der deutschen Einheit feiert man in Luxembourg ja kurioserweise nicht) die Kulturfabrik zu füllen, beweist einen gewissen Beliebtheitsgrad des Acts.
Die hierzulande als Geheimtipp gehandelten Le Peuple de l’Herbe haben sich ihren Status durch intensives Touring (400 Konzerte in 6 Jahren) als auch durch einige exzellente Studioalben verdient. Die ersten beiden Triplezéro und P.H. Test Two rotieren hier immer mal wieder, das folgende Cube enttäuschte dagegen schon etwas und das neue Radio Blood Money. konnte beim Preview-Hören noch nicht richtig überzeugen. Deshalb hatte (nicht nur) ich auch auf eine Songauswahl gehofft, die äteres Material bedient, was dann glücklicherweise auch eingelöst wurde.
Was P.H. so dass sie gekonnt ein breites musikalisches Spektrum bedienen. Mit den britischen Herbaliser (Ninja Tune) teilt man nicht nur Gemeinsamkeiten im Namen: Auch P.H. bauen ihren Sound auf DJing und Sampling auf, sind stilistisch dem HipHop verhaftet und scheuen sich nicht, ihre Alben größtenteils mit Instrumentals zu füllen.
P.H. Theme (2001)
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=vfH6lcL7o6Y[/youtube]
Früher durfte man solche Musik TripHop nennen, ein Genre, zu dem insbesondere P.H.’s Trompeter eine Affinität nicht leugnen kann, der sich seinen Ascenseur pour l’échaffaud-Soundtrack sicher in vierstelliger Haufigkeit zu Gemüte geführt hat.
Kin Sapalot (live – 2005)
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=WloibgoPFp8& [/youtube]
[Kleine Anmerkung: Im Clip sieht man einen Ecler HAK320-Mixer im Einsatz. Freut einen immer wieder, wenn Pros das gleiche Equipment benutzen, wie man selbst. Stärkt die Ãœberzeugung für etwaige Streitigkeiten in Clubs, die einem immer diese Pioneer-Drecksdinger hinstellen, „weil’s Standard is.“]
Doch damit der Einflüsse nicht genug: „Der Franzose an sich“ hat dem gemeinen Deutschen ja eine Affinität zu Dub, Reggae und in Konsequenz auch Jungle voraus, die auch im Sound von P.H. ihren Platz eingeräumt bekommt. Deshalb gesellen sich auch so einige breakbeatlastige Uptempo-Tracks ins Repertoire, wie die Single Ihres zweiten Albums mit britischer MC-Legende UK Apache (Original Nuttah).
No Escape feat. UK Apache (2002)[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=9HrOGNS_BGw[/youtube]
Wie bringt man so ein vielseitiges Programm live rüber? Die Besetzung rekrutiert sich aus 6 Herren: Turntables & Sampler, Trompete & wasweißich, Keyboards & Bass und zwei wohldosiert eingesetzten MCs plus einem Drummer.
Die Schwachstelle meines Konzerterlebnisses war dann letztgenannter. Was nützt eine Melange aus den genannten Genres, wenn die Beats sich anhören, wie von einer Drummaschine mit ausgefallener Swingschaltung? Vulgo: Alles wird schön gerade und verrockt gespielt. Kurzes googeln bringt dann auch an den Tag, dass der Mann erst nach dem zweiten Album zur Band stieß und seine Zeit primär in einer Rock-Band aus Lyon tot prügelt. Auf Live-Videos macht er einen besseren Eindruck, vielleicht hatte er nur einen schlechten Tag oder der Live Engineer hat ein zu hartes Noise Gate auf die Snare gelegt, das keine Ghost Notes mehr durchgelassen hat. Nachdem sich diese musikpolizeilichen Ãœberlegungen erstmal in meinem Kopf breitgemacht hatten, sprang dann auch der Funke nicht mehr so richtig über. Selbst schuld, da eigentlich nicht wirklich dramatisch.
Insgesamt war’s deshalb auch ein schönes Konzert, das auch jedem Gefallen hat, mit dem ich gesprochen habe. Ähnliche Acts wünsche ich mir auch für Trier, aber da würd wohl kaum einer hingehen (16 euro?!?! Wer ist das? Was für Musik?). Nächster Tipp für Esch: Dub deluxe mit High Tone am 15.11.