Im Januar werden es dann 8 Jahre, dass wir mit tempo90 in Trier als Veranstalter unterwegs sind. Zeit, mal wieder ein paar Worte über unser geliebtes Hobby zu verlieren.

Aktuell verandert sich die hiesige Clublandschaft rasant, was nicht unspannend ist. Nach dem xten Umzug stehen wir wieder einmal vor der Aufgabe, einen Platz in dieser Gemengelage zu finden, in dem wir unsere Events nach den eigenen Vorstellungen umsetzen können. It aint easy:

Konnte man die im Frühjahr eröffnete Villa Conte am Stockplatz mit ihrem „Reich&Schön“-Konzept noch gleich als Totgeburt belächeln, die bestenfalls als Abschreibungsobjekt taugt, hat sich im September mit dem A1 ein Franchise in Trier angesiedelt, das aus zig Städten erprobte Konzepte mit einer Professionalität umsetzt, die man in Trier ansonsten eher vermissen muss. Inklusive Geiz ist geil-Dumpingpreisen und  Ausländer raus-Türpolitik. Die angestammten, eher auf den breiten Mainstream ausgelegten Clubs in der Innenstadt haben nun kurz nach der Eröffnung schon mit der Migration ihres Publikums auf die andere Moselseite zu kämpfen.

Die Produktion hät sich Dank täglichem Plakatblitzkrieg scheinbar noch recht wacker, drinnen herrscht aber de fakto häuig gähnende Leere. Musikkompetent wie eh und je, schmeisst man nun samstags einfach mal alles zusammen: „Dance Classics, Electro, Deutschhiphop, Rock, Minimal, Indie“ – wohl bekomm’s …

Wer mit offenen Ohren auf den letzten Minimalsausen war, versteht vielleicht, warum wir dort nicht nochmal einsteigen wollen. History repeats itself: Man organisiert einen Event für mehrere Tausend Euronen, der dann massiv darunter leidet, dass die Anlage im Laden trotz mehrfachem Hinweis auf klar ersichtliche Mängel einfach während der Veranstaltung partiell ausfält. Darauf hatten wir weder nach dem DJ Storm-Event Januar 2007 weiterhin Lust, noch aktuell andere Promoter, weshalb mit der Lützenkirchen-Party wohl auch zum letzten mal am Dom gesaust werden wird.

Das ebenfalls vom A1 betroffene Forum geht in die Offensive und investiert in einen groß angelegten Umbau, der zwei echte neue Floors schaffen soll. Ob und wie das gut geht, bleibt natürlich abzuwarten. Samstags auf stilsitisches Einerlei zu setzen biegt das über Jahre gepflegte starre Konzept aber auch nicht wieder gerade. Wie man schon lesen konnte, werden wir da wahrscheinlich ab 2009 ein Format auf einem kleineren Floor ausprobieren („Die Tempomacher“). Nach dieser Ankündigungen kamen tatsächlich ein paar negative Rückmeldungen, wieso wir uns denn dort „einspannen liessen“, was den schlechten Ruf verdeutlicht, den das Forum – sicher auch nicht ganz zu unrecht – bei einigen genießt.

Wir hatten vor 2 Jahren im Gegensatz zu Panic Club, Trevamassive u.a. die Offerte ausgeschlagen, im Forum-„Studio“ aufzuspielen (der inzw. zum Raucherraum umfunktionierte Raum an der Straßenseite des Forums). Grund: Wir hiessen grundsätzlich die Politik nicht gut, „den Underground“ nach Schliessung der Idealbank mit ein paar Kröten aufkaufen zu wollen. Die Situation heute stellt sich uns allerdings anders dar:

Wer schon lange genug in Trier weilt, erinnert sich vielleicht daran, dass das Broadway-Kino einst neben Flimmerkiste, Luke u.a. als das Mainstreamkino verschrien war. Seit dem Cinemaxx wird das anders gesehen. Das anspruchsvolle Programmkino heisst inzwischen Broadway. In der Clublandschaft könnte es ähnlich verlaufen.

Um zu überleben, wird man sich in der Hindenburgstraße klar vom A1 abgrenzen müssen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die schon im Frühjahr begonnene Profilierung mit Off-Location-Events im Kulturforum Nord u.a. Je nachdem wie sich der eigentliche Club weiterentwickelt und sich verschiedene Rahmenbedingungen entwickeln, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir auch dort Formate fahren.

Wer in diesem Kontext einer Drum&Bass-Crew „Ausverkauf“ vorwirft, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank und / oder schlicht keinen Schimmer von den Realitäten der Veranstalterei in einer Kleinstadt. Wir sind auf einigermaßen verläßliche Strukturen angewiesen. Die Alternative wäre aufzuhören, was angesichts fortschreitenden Alters, zunehmender Beanspruchung durch den Day-Job und damit verbundener Rollenkonflikte mit der Zeit natürlich die immer naheliegendere Option wird.

Eine Homebase wird hoffentlich „die Flucht“ bleiben, der rechtmäßige Nachfolger des Down Under. Die Lage an „Triers Reeperbahn“ ist allerdings nicht die beste, was das Publikum bislang zum Glück wenig stört. In der Innenstadt haben Ordnungsamt & Anwohner allerdings eine für uns angemessene Beschallung nicht so gern und Drum&Bass ohne Bass geht nun mal nicht. Hier bleibt es abzuwarten, was möglich sein wird.

Eine der besten Anlagen steht aktuell tatsächlich im Exil / Exhaus. Das Problem sind hier die fußfaulen Trierer, die sich kaum außerhalb des Alleenrings bewegen wollen. Ein „Back to the roots“ zu unserer Heimstatt von 2001-2003 hat durchaus seinen Reiz, hinge aber davon ab, ob das Publikum wortwörtlich „mitgeht“.

Kürzlich haben wir auch mal das Chat Noir ausgetestet, das in den Clubbetrieb einsteigen will. Sound & drumherum sind gar nicht so schlecht, ich habe aber doch Zweifel, ob sich das Flair mit roten Samtvorhängen, Kronleuchtern und Gemäden tatsächlich für unser Publikum eignet. Mal sehen.

Fazit ist also: Selbst wenn man noch irgendwie die Energie aufbringen kann, ist es gar nicht so einfach, seine Ideen zu realisieren. Dass wir das überhaupt schon so lange mit nachhaltigem Erfolg fahren, ist bemerkenswert, wenn man mal vergleichbare Projekte in anderen Kleinstädten ansieht. Also statt zu maulen eher mal freuen, dass wir überhaupt was machen und durch mitmachen dazu beitragen, dass es noch ein Weilchen so weitergeht. Denn das ist es letztendlich: Die immer wieder grandiose Resonanz beim Publikum ist der Herzschrittmacher eines der langlebigsten Clubsoundformate in Trier.

Stay tuned …

„Die Bank“ ist eine stadtbekannte Marke. Erwähnt jemand in Trier im Kontext des Nachtlebens „die Bank“, denkt jeder, der länger als 2 Jahre in dieser Stadt weilt, an die „Idealbank“, eine Ausgehoase in der Christophstraße, die inzwischen leider ausgetrocknet ist und für die sich bis heute kein würdiger Nachfolger gefunden hat.

Derzeit prangt von Triers realen und virtuellen Wänden ein Logotype: „Die Bank“. Wer dabei an die Idealbank denkt, wird bitter enttäuscht. Es geht um ein Off Location-Event in der ehemaligen Landeszentralbank. Wenn man ein solches auf die Beine stellen kann (chapeau), dann ist man sicher auch in der Lage, sich ein eigenes Motto auszudenken. „Die Bank“ zu wählen, ist nur schnöd kalkulierte Leichenfledderei.

Dass die für diese Veranstaltung Verantwortlichen z.B. mit dem von Petrus widerholt böse abgestraften Bit Sun Beach und anderen Aktivitäten dafür sorgen, dass in Trier was geht, ist unbestritten. Für diese Aktion gibts aber 10.000 Miese auf’s Stilkonto.

Großartig! Am gestrigen Abend erreichte mich die Nachricht, dass das D.U. ab sofort geschlossen ist. Offensichtlich wurde eine einstweilige Verfügung erlassen, da keine gültige Konzession für den Clubbetrieb vorliegt.

D.h. unsere Geburtstagsparty kommende Woche wird ausfallen. Eine Ersatzlocation aufzutreiben scheint auf die Schnelle nicht möglich, insb. da sich 2/3 von t90 nicht in Trier befinden.

Ich schreibe das hier aus einem Internetcafé in Wien. Die ganze Aktion ist total frustrierend. Wir und viele andere haben einiges an Engagement in den Laden gesteckt und stehen nun ohne eigenes Verschulden vor einem Haufen Scherben und locker 1000€ Kosten, die bereits in die Vorbereitung allein unserer Parties geflossen sind. In den vielen Jahren Veranstalter-Aktivitäten habe ich ja schon vieles erlebt und mitgekriegt, aber das ist echt die Krone.

tempo90 ist also heimatlos. Ob, wann und wie wir weitermachen steht noch in den Sternen. Im Moment hab ich vom Party-Biz gehörig die Schnauze voll.

Update 13.3.: Interview bei hunderttausend.de

Für uns heißt „Independent“ immer noch unabhängig zu sein – den öffentlichen Raum für selbstbestimmten und kreativen Ausdruck frei zu halten von den Herrschaftsansprüchen des Mainstream.[…]So lange die Reaktion von Leuten auf diese reine Verwaltung von Massen, die Beschneidung kreativer Potentiale zugunsten des Mainstream Verweigerung heißt, Ablehnung dieser einheitlichen Scheiße – so lange denke ich mir, ist die Zukunft für Minderheitenproduktionen für die nächsten Jahrzehnte gesichert.Achim Bergmann, Label-Kopf von Trikont (deutsches Independent-Label seit 33 1/3 Jahren) im Interview

In der Clubsound-Ecke wird ja viel über den Minimal-Hype gequatscht („you call your music minimal, but I just call it simple …„), aber auch in anderen musikalischen Ecken werden Etiketten auf alles draufgepappt, was sich nicht wehren kann: Wenn ich alle Trierer Parties, die sich dem „Indie“-Genre und allem Angliederungsfähigem verschrieben haben zähle, komme ich auf gut 12 Formate, von denen ca. 9 in den letzten 12 Monaten entstanden scheinen (man korrigiere mich bitte).

Bis vor gut 2 Jahren war „Indie“ in Trier nicht völlig tot, aber es roch komisch. Dann brachte der Panic Club frischen Wind, der im Emu’s / Down Under gestartet und inzwischen zum Mega-Hype mit bis zu 1200 Besuchern in der Produktion mutiert ist. Dort hat dann auch gleich Formate nachgezüchtet: Totally Wasted but Yeah, Death to Disco, Encore (manchmal dienstags), der sagenumwobene „Black Music meets Indie“-Donnerstag (schon wieder tot) und „Indie Dependent“, die Party mit dem schönsten, weil tiefblickenlassendsten Namen.

Bis vor einigen Monaten ebenfalls in der Produktion waren Trashique, die inzwischen im Down Under zu Hause sind, wo sich auch die Panic’s inzwischen gerne mal Luft vom kommerziellen Druck verschaffen und den ganzen Abend nur Lieblingsplatten statt Crowd Pleaser spielen.

In die Woche packt selbst das Forum seinen alternativen Dienstag (unregelmäßig) und das sog. Gitarren-Studio (schon wieder tot). Am anderen Ende des Spektrums im ehemalige Hort alternativer Subkulturen, hat das Exhaus den Aufwind auch nicht völlig verschlafen. Man hat hier traditionell eher auf Konzerte gesetzt, vom knickrigen Publikum dafür aber eine Absage erhalten. Aber Party-Formate gibt’s auch: Disco Destruction 3000, die Visions Party – ein Marken-Franchise eher fragwürdiger Natur – und jetzt neu am Mittwoch das Bewilderment Department.

Jemanden vergessen?

Paradiesische Zustände? Mit „Glück“ kann man von Dienstag bis Samstag jeden Abend zu Indie & Co feiern gehen. Ideal für das chronisch leere Portemonnaie der studentischen Klientel. Die geht dann auch am liebsten für 2,50 dahin, wo alle anderen auch hingehen statt via Konzertbesuch, die originären Künstler zu unterstützen. Denn die sind ja in Zeiten des Mitklauinternetz 2.0 immer mehr auf Toureinnahmen angewiesen.

Nicht nur, dass der Endverbraucher sich nen Scheiss darum schert. Auch die Multiplikatoren denken scheinbar immer weniger an die (oder in) independenten Strukturen. Es ist mehr als Gemunkel , dass manche „DJs“ sich vorwiegend aus Soulseek und anderen Tauschbörsen bedienen. Auch kurzfristig erfüllte Wunschlisten im Netz, deuten darauf hin. [Wunschlisten? A DJ is not a jukebox, dachte ich immer.] Kostenminimierung aus Liebe zum Kunden, denn damit kann man den Eintritt bei max. 3 Euro halten, wozu die Konkurrenz am Markt ja „zwingt“. Der Geiz ist geil-Denke den Hof machen. Für mich klingt das nicht sehr indie und alternativ.

Mich kotzt dabei an: Die Arbeit anderer einsetzen, den kompletten Profit selbst einstreichen und sich dann noch independent und alternativ schimpfen. Es geht mir weder um das Kopieren zum Eigengebrauch noch um die Formatfrage Vinyl-MP3.

Auch letzteres kann man kaufen, nur bitte nichb bei russischen MP3-Diensten.

[Dennoch: Vinyl mag ja ein anachronistisches Medium sein, aber gerade in mit Kleinstauflagen agierenden Nischen ist es immer noch ein sehr gutes Mittel, um dem Künstler die Butter auf’s Brot zu bringen.] Ich hab einen Heidenrespekt vor jedem, der mit einer gewissen Authentizität versucht, von Musik zu leben.“Indie“ ist also ein Riesending. Vormals Bedeutung die sich mit vielfätigem musikalischen Inhalt füllen ließ, ist sie inzwischen immer weiter auf einen bestimmten Sound reduziert, der selbst im Mainstream angekommen ist. Zu Konzerten geht aber kein Mensch. Und vielleicht fliesst noch nicht mal viel über record sales zurück.

Geschichte der deutschen Independent-Labels die Gründe sind scheinbar andere geworden.

Vor knapp 3 Jahren war die EU noch auf unserer Seite und wollte uns auf’s internationale Parkett hiefen:

eu_pro_t90.gif

Heute macht BILD.de auf der Titelseite Propaganda gegen mich, wie mir ein Aufmerksamer mitteilte:

bildvsmyom.gif

Das ist mal wieder typisch Lügenblatt. Myome sind gutartig und nicht mit Krebs gleich zu setzen! Für Solidaritätsbekundungen monetärer Art stelle ich gerne meine Kontonummer zur Verfügung.

Ganz groß in die Bookmark-Liste kleben: www.down-under-club.de

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Gebastelt hab ich das Ding übrigens.
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